Landesverteidigung und Krisen- und Katastrophenschutz

Österreich liegt heute als neutrales Land im Herzen eines geeinten und friedlichen Europas. Dennoch müssen wir neue Herausforderungen und Bedrohungen ernst nehmen und entsprechend vorbereitet sein.

Auch und gerade weil sich die Anforderungen an eine umfassende Sicherheitsvorsorge und die in ihr eingebettete umfassende Landesverteidigung in unserem Land verändert haben, braucht es ein modernes, weiterentwickeltes, vielseitig einsetzbares Bundesheer. Deshalb muss sichergestellt sein, dass das Bundesheer ausreichend finanziell, personell und materiell ausgestattet ist, um weiterhin den Herausforderungen der Gegenwart, aber auch den Bedrohungen der Zukunft kompetent begegnen zu können. Das bedeutet, die Einsatzfähigkeit unseres Bundesheeres im In- und Ausland zielorientiert zu verbessern und den Grundwehr- und Zivildienst attraktiver zu machen. Darüber hinaus wollen wir Schwerpunkte auf die Bereiche Krisenund Katastrophenmanagement sowie neue Bedrohungsbilder wie etwa Cyber-Attacken legen. Denn unser Bundesheer ist die Sicherheitsgarantie, auf die wir uns alle verlassen.

In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden trotz unseres massiv gesteigerten Engagements für den Klimaschutz, auch klimawandelbedingte Naturkatastrophen immer häufiger und schwerer. Darum gilt es, das staatliche Krisen- und Katastrophenmanagement auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten und dadurch eine Steigerung der Resilienz Österreichs zu gewährleisten. Die Sicherheit und Versorgung unserer Bevölkerung ist hier unser oberstes Ziel.

Landesverteidigung

Rahmenbedingungen der österreichischen Sicherheitspolitik

  • Österreich ist als Mitglied der Europäischen Union Teil eines erfolgreichen Friedensprojekts (mit Vorbildcharakter) und an unseren unmittelbaren Landesgrenzen von keinen Feinden umgeben. Österreichs Stellung mitten in der EU bietet eine umfassend ge änderte Sicherheits- und Friedensperspektive. Gleichzeitig müssen neue Bedrohungen ernst genommen werden.

  • Die finanzielle Situation und der Zustand des Bundesheeres erfordern neue Konzepte für ein zukunftsträchtiges, modernes Heer. Daher müssen auch die Aufgaben, Strukturen und Mittel der Landesverteidigung weiterentwickelt und zeitgemäß neu gestaltet werden.

  • Die Neutralität Österreichs ist unumstößlich.

  • Diese steht nicht im Widerspruch zur Solidarität innerhalb der Europäischen Union.

  • Erforderlich ist daher eine Weiterentwicklung der österreichischen Sicherheitspolitik, unter dem Aspekt der Bewahrung der Neutralität und der Änderung der sicherheitspolitischen Aufgaben in Europa.

  • Klares Bekenntnis als neutrales Land zum Österreichischen Bundesheer als Sicherheitsgarantie und zur umfassenden Landesverteidigung entsprechend der Österreichischen Bundesverfassung sowie zur allgemeinen Wehrpflicht entsprechend dem Ergebnis der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013

Eine zukunftsfähige Struktur für das Bundesheer

  • Ausstattung des Bundesheers mit den erforderlichen Ressourcen zur Erfüllung seines Auftrags

  • Erarbeitung von Effizienzsteigerungsmöglichkeiten und Kostensenkungspotenzialen außerhalb der Truppe

  • Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustands des Österreichischen Bundesheers nach den Grundsätzen eines Milizsystems (Art. 79 (1) BVG)

    • Ausreichende personelle und materielle Ausstattung der Miliz

    • Einsatzfähigkeit der Milizbataillone auf nationaler Ebene

    • Ausbildungs- und Übungstätigkeit der Milizverbände

    • Verbesserung der Serviceleistungen für Milizsoldaten (One-Stop-Shop für Anliegen etc.)

    • Beseitigen von sozialversicherungsrechtlichen Benachteiligungen von Milizsoldaten

  • Schaffung eines neuen Berufsbildes Soldat, damit es im Bundesheer attraktive und vielseitige Karrieremöglichkeiten gibt, um Talente aus der Wirtschaft bestmöglich für das Heer gewinnen und halten zu können sowie Soldatinnen und Soldaten nach Ende ihrer Karriere im Heer eine Perspektive in der Wirtschaft zu ermöglichen.

    • Umsetzung der Attraktivierung des Soldatenberufs durch geeignete Maßnahmen im Dienst-, Besoldungs-, und Pensionsrecht

    • Stärkung der Durchlässigkeit zwischen Bundesheer und Wirtschaft

    • Prüfung einer verbesserten Anschlussfähigkeit der militärischen Ausbildungen (z.B. für spätere Verwendung im Polizeidienst, Justizwache etc.)

    • Erhöhung des Anteils von Frauen im Österreichischen Bundesheer

  • Stärkung der Selbstversorgungsfähigkeit und der Resilienz des Österreichischen Bundesheeres in Krisenzeiten und etwaiger Ausbau von Kasernen zu „Sicherheitsinseln“

  • Standortbezogene und bedarfsgerechte Sanierung von Kasernen und ihrer Infrastruktur zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung

  • Sicherstellung der Militärkommando- und Brigadestruktur als Träger der Landesverteidigung

  • Weiterentwicklung der logistischen Strukturen, der Ämter sowie der Schul- und Akademiestruktur

  • Verbesserung der Synergien bei der Beschaffung militärischer Güter

    • Verbesserte Nutzung von Synergien im Rahmen der Beschaffung mit anderen Ressorts (insbesondere BMI)

    • Verstärkte Kontrolle bei Großbeschaffungen und Nutzung von Synergien im Rahmen europäischer und internationaler Kooperationen („Beschaffungsagentur“), sofern sich diese mit dem Bedarf und den Interessen Österreichs decken

  • Intensivierung der interministeriellen Zusammenarbeit zur regelmäßigen Koordinierung (vor allem um frühzeitiges Handeln und Prävention sicherzustellen)

  • Weiterentwicklung und kosteneffiziente Optimierung der Sanitätsversorgung unter Wahrung der medizinischen Eigenversorgung des ÖBH (insbesondere zur Beseitigung des Ärztemangels); unter anderem verbesserte Zusammenarbeit mit zivilen Einrichtungen

  • Evaluierung der Kooperationen mit privaten Vereinen und Institutionen

Grundwehrdienst attraktiv machen

  • Laufende Aufwertung der Stellungsstraße als erster Kontaktpunkt mit dem Österreichischen Bundesheer

    • Weiterentwicklung der Stellung als wichtige Säule der Gesundheitsvorsorge (Stellung als Vorsorgeuntersuchung)

  • Sicherstellung eines attraktiven Grundwehrdienstes

    • Primär militärische Verwendung der volltauglichen Rekruten sicherstellen

  • Weiterentwicklung des Grundwehrdienstes als Zeit der Weiterbildung und Integration in die Gesellschaft

    • Verankerung der digitalen Mündigkeit und des Erkennens von Fake-News als Schwerpunkte im Rahmen des Grundwehrdienstes

    • Förderung der Integration durch bedarfsgerechte Deutschkurse und Staatsbürgerkunde

    • Ausbau der wehrpolitischen Bildung (Werte, Verantwortung gegenüber Totalitarismus, Rassismus)

  • Reform der Tauglichkeitskriterien. In Zukunft soll es zwei Tauglichkeitsstufen geben: „Volltauglich“ heißt wie bisher uneingeschränkter Einsatz beim Bundesheer und beim Zivildienst, und „Teiltauglich“ eine Verwendung im Büro, in der Küche oder einer anderen individuell passenden Tätigkeit. Nur wer auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung wirklich nicht dazu in der Lage ist, soll auch in Zukunft nicht zum Heer oder Zivildienst.

  • Schaffung einer rechtlichen Grundlage, dass eine Bescheinigung der Tauglichkeit von Zivildienern (auch nach Abgabe der Zivildiensterklärung) in Zukunft durch die Stellungsstraße erfolgt

Neue Aufgaben mit neuer Struktur

  • Sicherstellung und Weiterentwicklung der Kernkompetenzen des Österreichischen Bundesheeres unter Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Bedrohungsszenarien

  • Weiterentwicklung aller Teilstreitkräfte Land, Luft, Spezialeinsatzkräfte und der Cyberkräfte

  • Das Bundesheer soll in Anbetracht der neuen Herausforderungen im 21. Jahrhundert weiterentwickelt werden und sich, über die Kernkompetenzen hinaus, auf konkrete Schwerpunkte fokussieren:

    • ABC-Einheiten zum Schutz bei atomaren, biotoxischen und chemieverursachten Katastrophen

    • Erhalt der Eigenständigkeit der militärischen Nachrichtendienste

    • Cyber Defense

    • Internationale Friedenseinsätze nach Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats

    • Assistenzleistungen insbesondere Katastrophenschutz und -hilfe

    • Nutzung von Drohnen (Schutzoperation bis zur Katastrophenhilfe) und Drohnenabwehr

    • Reaktion auf mit militärischen Mitteln ausgeführte Terrorangriffe

    • Blackout-Vorbereitung (Sicherung und Wiederherstellung kritischer Infrastruktur in enger Abstimmung mit den Netzbetreibern)

  • Die Ausrüstung soll spezifisch und im Besonderen im Hinblick auf diese Aufgaben ausgestaltet werden. Daher wurden schon in den letzten Jahrzehnten schwere Waffengattungen reduziert, da diese nicht mehr in dem Ausmaß wie zur Zeit des Kalten Krieges erforderlich sind. Diese Politik wird fortgesetzt, die Kernkompetenzen in der Ausbildung sollen weiterhin sichergestellt werden.

  • Verstärkter Einsatz des ÖBH im Rahmen von Assistenzeinsätzen nach geltender Rechtslage zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit

  • Anpassung des ÖBH an aktuelle Bedrohungslagen, wie z.B. Cyber Defense und hybride Bedrohungen

    • Prioritärer Ausbau der Cyber- und Drohnenabwehrfähigkeiten und Ausbau einer Cyber-Truppe unter besonderer Berücksichtigung der Ausbildungserfordernisse für Cyber-Defense-Personal

    • Verstärkte Zusammenarbeit mit Bildungsund Forschungseinrichtungen, um zusätzliches Know-how aufzubauen, und Rekrutierung von IT-Fachkräften im Rahmen der Miliz

  • Mitwirkung am nationalen Cyberlagezentrum und am gesamtstaatlichen Cybersicherheitszentrum

  • Beteiligung an europäischen Forschungsprojekten im Bereich der Verteidigungsforschung (z.B. European Defense Fund)

  • Bekenntnis zur Luftraumüberwachung und zum Schutz des österreichischen Luftraums durch das Österreichische Bundesheer und Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen aktiven und passiven Luftraumüberwachung

    • Weiterhin Sicherstellung der Luftraumüberwachung durch das Österreichische Bundesheer durch eine adäquate und kosteneffizienteste Lösung

  • Umsetzung der bereits eingeleiteten Hubschrauber-Beschaffung, als Nachfolge der auszumusternden fünfzigjährigen Alouette III, insbesondere im Hinblick auf Katastrophennotlagen

Auslandseinsätze

  • Erstellung und Umsetzung eines gesamtstaatlichen Auslandseinsatzkonzepts samt entsprechenden Kriterien auf Basis der geltenden Rechtsgrundlagen, unter Einbindung aller relevanten Ministerien, um den gesamten Konfliktzyklus (Krisenprävention, Konfliktlösung, Mediation bis hin zur Friedenskonsolidierung) besser zu berücksichtigen

  • Das ÖBH wird lagebedingt die Entsendung von mindesten 1.100 Soldaten als Dauerleistung für Auslandseinsätze sicherstellen, bei ausreichender budgetärer Bedeckung, sowie Sicherstellung der für diese Auslandseinsätze im Rahmen des Krisenmanagements notwendigen Kapazitäten (Personal, Material, Betrieb)

  • Sicherstellung der Erfüllung der eingegangenen internationalen Verpflichtungen, insbesondere EU-Verpflichtungen, einschließlich der Leistung eines militärischen Solidarbeitrags im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen

  • Weiterentwicklung von spezialisierten Fähigkeiten des Österreichischen Bundesheers zur Verwendung im Rahmen solcher Assistenzeinsätze (Drohnenabwehr, ABC-Abwehr etc.)

  • Fortführung des Beitrags des ÖBH zur Stärkung der Stabilität der Westbalkan-Staaten

Krisen- und Katastrophenschutz

  • Entwicklung umfassender rechtlicher Rahmenbedingungen für das staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (unter Beachtung der Bundes- und Landeskompetenzen)

    • Rechtliche Klarstellung für bundesländer- oder länderübergreifende Krisen und Katastrophen in Hinblick auf Zuständigkeiten, Befugnisse und die Informationsweitergabe

    • Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz und Stärkung des Zivilschutzes

    • Ausrüstung und Strukturen für den Katastrophenschutz sind weiterzuentwickeln und an den zu erwartenden Bedarf anzupassen.

    • Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für eine vereinfachte und raschere Beschaffung in Krisen- und Katastrophenfällen

    • Im Fall dringender humanitärer Einsätze (auch abseits von Naturkatastrophen) sind flexible Regelungen zur Abgeltung der Einsatzentscheidungen von Blaulichtorganisationen zu erarbeiten.

  • Das Bundesheer ist insofern zu stärken und entsprechend auszustatten, um für Assistenzeinsätze vor allem auch im Katastrophenschutz gerüstet zu sein, im Sinne eines Gesamtkonzepts in Abstimmung mit den zivilen Einsatzkräften ist insbesondere die Ausstattung der Pioniere zu verbessern. (Siehe Kapitel Landesverteidigung)

  • Überprüfung der Notfallinfrastruktur und etwaige Anpassung des Notfallplans

  • Sicherstellung der Fähigkeit der gesamtstaatlichen Kommunikation im Krisenfall (Krisenkommunikation)

    • Schaffung eines Krisenkommunikationsnetzes als System zur zuverlässigen, sicheren und krisenfesten Kommunikation

  • Frühzeitige Vorkehrungen und Präventionsmaßnahmen gegen erwartbare Katastrophenereignisse treffen; Starten eines Strategieprozesses zur Verstärkung der Katastrophenvorsorge, um dem Entstehen von Krisen vorzubeugen

  • Prüfung der Schaffung einer Möglichkeit zur Auszahlung von Mitteln aus dem Katastrophenfonds für Rettungsorganisationen, ohne Reduktion der Mittel für die Feuerwehr

  • Stärkung des Zivilschutzes und der Eigenvorsorge bzw. des Selbstschutzgedankens in der Bevölkerung in Not- und Krisensituationen (z.B. Naturkatastrophen oder zivilisationsbedingte Gefahren wie Blackout); rechtliche Verankerung des Zivilschutzes und Sicherstellung der Basisfinanzierung

  • Aus diesem Grund ist es notwendig, verschiedene Szenarien durchzuspielen und zu üben.

    • Durchführung einer jährlichen Katastrophenschutzübung unter Berücksichtigung verschiedenster Szenarien und Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Institutionen und Ministerien

    • Einführung eines digitalen Zivilschutz-Probealarms: Miteinbeziehung der Zivilbevölkerung per Social Media, SMS, WhatsApp usw.

    • Einsatz für die Entwicklung eines europaweiten Katastrophenplans, um ein schnelles Eingreifen zu ermöglichen – siehe Waldbrände im Sommer 2018 in Schweden

    • Prüfung neuer Vereinbarungen mit den Bundesländern zum Zweck des Katastrophenschutzes (Stützpunkte, Hubschrauber etc.)

  • Publikation eines regelmäßigen „Freiwilligen-Berichts“

  • Weitere Stärkung und Effizienzsteigerung des staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagements

  • Etablierung eines gesamtstaatlichen ressortübergreifenden Lagezentrums für einen gesamtheitlichen Zugang zum Thema Sicherheit (Hochwasser, Pandemie, Blackout, hybride Bedrohungen, sonstige Bedrohungen)

  • Erstellung eines „Sicherheitszonenmodells“ für ganz Österreich, in dem alle für die Sicherheit relevanten Organisationen zusammenwirken; Ausbau der gesamtstaatlichen Kooperation und Übungstätigkeit

    • Stärkung der Selbstversorgungsfähigkeit von Kasernen unter Berücksichtigung moderner, nachhaltiger Technologien

    • Festlegung der notwendigen Fähigkeiten, die ein selbstversorgungsfähiger Standort aufweisen muss (Sicherung, Wasser, Energie, Verpflegung etc.)