Migration und Asyl

Die österreichische Bundesregierung erarbeitet eine umfassende Migrationsstrategie, die auf einer klaren Trennung von Asyl und Arbeitsmigration beruht. In der Asylpolitik bekennt sich Österreich zum völkerrechtlich verankerten Recht auf internationalen Schutz, zur Genfer Flüchtlingskonvention sowie zur Europäischen Konvention für Menschenrechte.

Gleichzeitig steht fest, dass wir aus 2015 gelernt haben. Schutz gilt es primär so nahe wie möglich an der Herkunftsregion zu ermöglichen. Dafür braucht es nachhaltige Beiträge zur Reduktion von Flucht- und Migrationsursachen, wie z.B. die Unterstützung in Herkunftsländern, um Lebensperspektiven vor Ort zu schaffen. Außerdem muss ein effizienter und menschenrechtskonformer EUAußengrenzschutz sichergestellt und Schlepperei wirksam bekämpft werden. In Österreich gilt es rasche und qualitativ hochwertige Asylverfahren sicherzustellen.

Migration

Gesamtstaatliche Migrationsstrategie

  • Klare Trennung zwischen Zuwanderung und Asyl: Österreich wird in Zukunft die Fragen von Flucht und Migration sauber trennen. Dazu braucht es eine Migrationsstrategie für sichere, geordnete, reguläre und qualifizierte Migration im Interesse Österreichs und im Interesse der Betroffenen. Andererseits braucht es nachhaltige Beiträge zur Reduktion von illegaler/irregulärer Migration sowie die Unterstützung in Herkunftsländern, um Lebensperspektiven vor Ort zu schaffen.

  • Migration gesamtheitlich begreifen im Sinne einer österreichischen, gesamtstaatlichen Migrationsstrategie

  • Erarbeitung einer österreichischen Gesamtstrategie für Migration auf Basis der Trennung von Asyl und Arbeitsmigration unter Einbeziehung der davon betroffenen Ressorts

    • Zur Umsetzung dieser Strategie Ausbau der bestehenden interministeriellen Steuerungsgruppe für Migration zum ständigen Steuerungsgremium einer gesamtstaatlichen Migrationspolitik unter Einbeziehung relevanter Ministerien.

    • Intensivierung der Aktivitäten auf europäischer und internationaler Ebene zur Bewerbung der Migrationsstrategie

  • Etablierung strategischer Partnerschaften mit EU-Mitgliedstaaten, Drittstaaten und internationalen Organisationen zur effektiven Durchsetzung der Migrationsstrategie im österreichischen Interesse (z.B. bei Rückübernahmeabkommen)

  • Bei Bedarf Bereitstellung von Mitteln zur Umsetzung der österreichischen Migrationsstrategie (Schaffung von Perspektiven vor Ort, Abkommen mit sicheren Drittstaaten, Rückübernahme etc.)

  • Überprüfung internationaler Abkommen (Handel, Verkehr etc.) auf Migrationsauswirkungen

Qualifizierte Zuwanderung

  • Strategie zur kontrollierten qualifizierten Zuwanderung: Fachkräfteoffensive für Österreichs Unternehmen umsetzen – Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) weiterentwickeln

    • Prüfung einer Konsolidierung des gesetzlichen Rahmens (aktuell verteilt in Ausländerbeschäftigungsgesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz)

    • Unternehmen und Antragsteller können sich im Sinne eines One-Stop-Shops bei der Austrian Business Agency (ABA) als Servicestelle unbürokratisch über den aktuellen Stand ihrer RWR-Karte informieren.

  • Schaffung einer digitalen Plattform, die die Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Schritte sowohl bei der Antragstellerin bzw. beim Antragsteller als auch bei den beteiligten Ministerien, Bezirkshauptmannschaften und Magistraten ermöglicht

    • Aufbau eines Monitoring-Systems zu Verfahrensdauern

    • Ziel eines raschen Verfahrensabschlusses

  • Antragstellung vereinfachen

    • Bei Antragsstellung sollen auch englischsprachige Unterlagen und Korrespondenz akzeptiert werden.

    • Schrittweise Digitalisierung des Verfahrens: In einem ersten Schritt soll die Antragstellung durch Arbeitgeber auch online möglich sein. Ziel ist es, in einem weiteren Schritt auch digitale Verfahren für Antragsteller auf RWR-Karte zu er möglichen unter Wahrung der Feststellung der persönlichen Identität.

    • Verkürzung der Wartefristen für Erstgespräche von Antragstellern an österreichischen Vertretungsbehörden. Mit dem Erstgespräch soll auch ggf. das Visum- und RWR-Karten-Verfahren gestartet werden können.

  • Verfahren straffen

    • Die involvierten Ministerien sollen notwendige Überprüfungen parallel und nicht wie bisher ausschließlich hintereinander durchführen (Visum-Ausstellung, Qualifikationsüberprüfung, Sicherheitsüberprüfung). Ohne Entscheidungsreihenfolge zu ändern, d.h. Visum-Ausstellung erfolgt auch weiterhin nur vorbehaltlich einer positiven Entscheidung bei der Qualifikationsüberprüfung.

    • Evaluierung des Ersatzkräfteverfahrens und branchen- und bedarfsgerechte Beschleunigung der „Vorrangprüfung“ (möglichst innerhalb von 10 Werktagen)

    • Postwege digitalisieren: diplomatische Post soll neben dem Postweg auch elektronisch über sichere Datenübermittlungswege unter Einhaltung des Datenschutzes verschickt werden.

    • Voraussetzung „ortsübliche Unterkunft“ als Nachweispflicht abschaffen

  • Gehaltsgrenzen für benötigte Fachkräfte überarbeiten, um Einstiegsbarrieren zu reduzieren bei Aufrechterhaltung unserer Lohn- und Sozialstandards

  • Überprüfung des Punkteschemas hinsichtlich Berufserfahrung und Qualifikation

  • Prüfung einer Erleichterung beim Mittelnachweis für Aufenthaltsbewilligung für Studierende unter besonderer Berücksichtigung der Missbrauchsmöglichkeiten

  • Prüfung eines Systems von „Trusted Employers“ (erwiesenermaßen besonders erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer) im Sinne der Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer

  • Novelle EU-ICT umsetzen (Aufenthaltsbewilligung für unternehmensintern transferierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, z.B. zu Trainingszwecken) und Visum-Verfahren insbesondere für Geschäftsreisende beschleunigen

    • Beschleunigung der Verfahren (max. 1 Monat, ohne Arbeitsmarktprüfung) und Abbau bürokratischer Hürden

  • Verbesserung bei der Visavergabe für Verwandtenbesuche, wissenschaftlichen Austausch, Forschungszwecke und Kulturprojekte

  • Familiennachzug – digitale Plattformen zum Deutschkurserwerb werden ausgebaut. Die Kooperation zwischen österreichischen Vertretungsbehörden und Sprachinstituten wird gestärkt, sodass Sprachprüfung und persönliche Vorsprache bei der Botschaft terminlich zusammengeführt werden können.

  • Digitalisierung des Visum-Verfahrens zur Erhöhung der Sicherheitsstandards und Fälschungssicherheit

  • Prüfung des Abgleichs aller im Visum-Verfahren erhaltenen biometrischen Merkmale mit den Fahndungsdatenbanken und Speicherung der Merkmale für spätere mögliche Fahndungen zumindest bis 5 Jahre nach der Ausreise des Fremden unter Wahrung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben

Schaffung von Lebensperspektiven vor Ort

  • Einsetzen auf internationaler Ebene für legale, sichere und geordnete Fluchtmöglichkeiten in Nachbarstaaten von Krisenregionen in Zusammenarbeit mit UNHCR, um die ehestmögliche Rückkehr ins Heimatland nach Ende der Krise zu ermöglichen

  • Unterstützung des UNHCR und anderer Hilfsorganisationen in Krisenregionen zur Bewältigung von Flüchtlingskrisen vor Ort

    • Nachhaltige Unterstützung von Flüchtlingsquartieren in den Krisenregionen

  • Berücksichtigung von migrationsrelevanten Zielen in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA)

  • Hilfe vor Ort stärken, um Perspektiven zu schaffen und Migrationsursachen zu reduzieren

  • Schaffung von Anreizen für (österreichische) Firmen für Investitionen in relevanten Drittstaaten (z.B. Bankgarantien)

Sichere Grenzen und Bekämpfung von Schlepperei

  • Stärkung des europäischen Außengrenzschutzes

  • Fortgesetzter Einsatz für eine raschere Frontex-Aufstockung auf 10.000 Personen und eine rasche Umsetzung von Frontex-Statusabkommen mit weiteren Nachbarregionen

    • Verstärkte Kooperation mit betroffenen Herkunfts- und Transitländern

    • Einsatz für die Erweiterung des Frontex-Mandates mit dem Ziel in Seenot geratene Personen zu retten und Schlepperei und Menschenhandel effektiv zu bekämpfen und Sicherstellung, dass auf hoher See gerettete Personen völkerrechtskonform in sichere Transit- oder Herkunftsländer zurückgebracht werden.

  • Einsatz für Abkommen mit sicheren Drittstaaten betreffend SAR-Zentren („Search and Rescue“) und Aufnahmezentren (in Zusammenarbeit mit UNHCR) von Migranten aus „Seenotrettung“

    • Wer an der EU-Außengrenze bei der illegalen Einreise gestoppt wird, wird versorgt und unter Einhaltung des Völkerrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention in sein Herkunfts- oder das Transitland (oder sicheren Drittstaat) zurückgebracht.

  • Gewährleistung der praktischen Umsetzung der neuen Frontex-Verordnung bezüglich der Personalentsendungen

    • Schaffung einer modular, gestrafften Polizeiausbildung für den Einsatz bei Frontex oder zur Grenzsicherung in Österreich

    • Schaffung eines Anreizsystems für Einsatzkräfte, etwa durch positive Auswirkung für die spätere Verwendung als Führungskräfte

  • Mechanismen zur Verteilung von Migranten/Asylwerbern innerhalb der EU sind gescheitert. Österreich setzt daher keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln.

  • Schutz der österreichischen Binnengrenze, solange der EU-Außengrenzschutz nicht lückenlos funktioniert

    • Zur Entlastung von Polizei und Bundesheer sollen im Rahmen des Binnengrenzschutzes unter Beachtung des Datenschutzes verstärkt technische Hilfsmittel verfassungskonform eingesetzt werden

    • Prüfung eines automatischen Datenabgleichs mit allen Datenbanken (national und international) unter besonderer Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben

  • Verstärkte Schleppereibekämpfung durch intensivierte operative und strategische internationale Zusammenarbeit

  • Novellierung des § 114 FPG im Bezug auf die organisierte Schlepperei, um derzeit bestehende Lücken in der Strafbarkeit zu schließen: z.B. Schwierigkeiten beim Nachweis des Bereicherungsvorsatzes zum Beispiel im Rahmen organisierter Schlepperei

  • Anhebung der Strafen bei organisierter und gewerbsmäßiger Schlepperei

  • Ausbau des JOO (Joint Operational Office), welches sich als operative Plattform für internationale Ermittlungen bzw. Ermittlerinnen und Ermittler sehr positiv bewährt hat.

  • Sonderausbildung für Schlepperei-Bekämpfer forcieren

  • Wirksame Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Schlepperei und des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels sowie von Ausbeutung (sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme, Arbeitsausbeutung, Ausbeutung in der Bettelei, Zwang zur Begehung strafbarer Handlungen)

  • Gezieltes nationales Vorgehen und internationale Zusammenarbeit gegen Menschenhandel als Form transnationaler organisierter Kriminalität, das unter anderem Maßnahmen zur Verhütung dieses Handels, zur Bestrafung der Händlerinnen und Händler und zum Schutz der Opfer dieses Handels umfasst, namentlich durch den Schutz ihrer international anerkannten Menschenrechte

  • Österreichisches Bekenntnis und Beitrag zur umfassenden, proaktiven Präventionsarbeit, einschließlich Aufklärungsarbeit zur Bewusstseinsschaffung in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern, um sogenannte „Pull-Faktoren“ zu reduzieren

    • Rückkehrprogramme, die z.B. Peers-Projekte vorsehen: Rückkehrerinnen und Rückkehrer in die Herkunftsländer können als Vermittlerinnen und Vermittler im Sinne der oben angeführten Aufklärungsarbeit agieren.

    • Förderung von Bildungsarbeit und andere bewusstseinsbildende Maßnahmen in Österreich

  • Umfassendes Bekenntnis zum Schutz und zur Unterstützung Betroffener bzw. Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung, insbesondere Frauen, Mädchen sowie Kinder generell, in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern

  • Unterstützung von Betroffenen bzw. Opfern von Menschenhandel und Ausbeutung, insbesondere Frauen, Mädchen sowie Kinder generell unter anderem durch Schaffung von Lebensperspektiven und entsprechender Resilienz

  • Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans auf Basis eines umfassenden Ansatzes in der Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und unter Berücksichtigung koordinierter nationaler Maßnahmen zu Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung und internationaler Zusammenarbeit

  • Bekenntnis zur weiteren Umsetzung der Empfehlungen der Expertengruppe gegen Menschenhandel des Europarates (GRETA)

Asyl

  • Österreich bekennt sich zu einer Asylpolitik, die in allen Bereichen des Asylverfahrens rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, die die Mindeststandards der Genfer Konvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und des EU-Rechts achtet und die auf einem geordneten Prozess mit klaren Regeln basiert.

Asyl auf europäischer Ebene

  • Einsatz für eine Reform des europäischen Asylsystems, das auf einem effizienten Außengrenzschutz aufbaut, und zum Ziel hat, den unkontrollierten Zuzug von Migrantinnen und Migranten nach Europa sowie die unrechtmäßige sogenannte Sekundärmigration innerhalb Europas zu verhindern

    • Schlepperei und Menschenhandel konsequent bekämpfen und systemische Anreize dazu abbauen

    • Darüber hinaus gilt es, weitere Rückübernahmeabkommen abzuschließen.

    • Mechanismen zur Verteilung von Migranten/Asylwerbern innerhalb der EU sind gescheitert. Österreich setzt daher keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln.

  • Österreich setzt sich weiterhin für eine gemeinsame europäische Lösung der Asylfrage auf Basis eines kohärenten rechtlichen Rahmens und einheitlichen Standards für menschenrechtskonforme Verfahren, Aufnahme und Rückführung (entsprechend der geltenden EU-Richtlinien) ein. Dafür ist ein effizienter und menschenrechtskonformer Außengrenzschutz Voraussetzung. Österreich engagiert sich für die Stärkung des europäischen Außengrenzschutzes und die Bekämpfung von Fluchtursachen vor Ort.

  • Verhandlung von Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern durch Anreize und Sanktionen

  • Prüfung der Schaffung von bi- und multilateralen Abkommen mit sicheren Drittstaaten zur Aufnahme von rechtskräftig abgelehnten Asylwerberinnen und Asylwerbern in diesen Ländern bei unmöglicher freiwilliger oder zwangsweiser Außerlandesbringung unter Berücksichtigung völker- und menschenrechtlicher Verpflichtungen

  • Stärkung der freiwilligen Rückkehr, indem Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, nach der Rückkehr ins Heimatland Lebensperspektiven vor Ort positiv mitgestalten zu können

  • Bekenntnis zum Non-Refoulement-Verbot

  • Laufende Neubewertung der Sicherheitslage der Herkunftsländer von Asylwerberinnen und Asylwerbern durch die Staatendokumentation unter Berücksichtigung der Erkenntnisse internationaler Organisationen (insbesondere UNHCR und IOM)

Schnelle, faire Asylverfahren und qualitätsvolle Grundversorgung

  • Ziel sind rasche und qualitativ hochwertige Asylverfahren in erster und zweiter Instanz

  • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, für den Ernstfall vorzubauen und entsprechende Bestimmungen vorzubereiten, um eine neuerliche Akutsituation in Zukunft zu verhindern. Dabei wird die Bundesregierung die Grundfreiheiten der Europäischen Union selbstverständlich weiterhin beachten.

  • Um zu verhindern, dass das Dublin-Abkommen gebrochen wird, indem österreichische Nachbarstaaten irreguläre/illegale Migration nach Österreich zulassen und nicht gegen Schlepperei vorgehen, ist auf nationaler Ebene folgende Maßnahme umzusetzen:

  • Schaffung eines beschleunigten, modernen, grenznahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkontrollbereich

    • Die ersten Schritte im Asylverfahren nur dort unter Berücksichtigung des bestehenden Instruments der Wohnsitzauflage

    • Fallweise Einbeziehung des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR)

    • Wahrung einer infrastrukturellen Anbindung sowie eines niederschwelligen Zugangs zu Rechtsberatung und Rechtsschutz

  • Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) mit den Tätigkeitsfeldern Grundversorgung, Rechtsberatung, Rückkehrberatung, Dolmetschleistungen, Menschenrechtsbeobachtung

    • Besetzung des Aufsichtsrats der BBU durch Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums und externe Expertinnen und Experten

    • Schaffung eines Qualitätsbeirates zur zusätzlichen Absicherung der Unabhängigkeit der Rechtsberatung unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft, Juristinnen und Juristen, dem UNHCR und der Volksanwaltschaft

  • Schutz und Rechtsstellung von geflüchteten Kindern verbessern: Schnelle Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) durch die Kinder- und Jugendhilfe und Berücksichtigung des Kindeswohls im Asylverfahren; besonderes Augenmerk im Asylverfahren auf UMF

  • Für jene Schutzsuchende, die in Österreich Asyl beantragen, soll nach einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren von höchstens sechs Monaten darüber in zweiter Instanz rechtskräftig beschieden werden. Die Verfahren sind in hoher Qualität durchzuführen.

    • Ziel ist die Kürzung der Verfahrensdauer auf durchschnittlich sechs Monate und somit Senkung der Grundversorgungskosten durch eine zeitlich begrenzte Aufstockung der Planstellen in der 2. Instanz (insb. wissenschaftliches und Administrationspersonal)

    • Verfahrensverkürzung durch die Einführung von Fristen für die 2. Instanz BVerwG bei Verfahren, die bereits in der ersten Instanz als Fast-Track-Verfahren eingestuft wurden (Entscheidung innerhalb von 3 Monaten)

    • Laufende Überprüfung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten

  • Modernisierung des Asylverfahrens durch die Nutzung neuer technischer Möglichkeiten und auf Grund der Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten

    • Prüfung der Einführung eines Sprachanalysetools „voice biometrics“ zur leichteren Bestimmung des Herkunftslandes. Evaluierung bestehender Erfahrungen

    • Bestmögliche Bündelung verfahrensrelevanter Aufgaben und Einrichtungen bei bestehenden Bundesbetreuungseinrichtungen

    • Weiterentwicklung und Ausbau der bestehenden Rückkehrberatungseinrichtungen zu Rückkehrverfahrenszentren unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Innenministeriums vom November 2019; Ermöglichung der dauerhaften Anwesenheit aller relevanten Behörden und Dienststellen (z.B. Fremdenpolizeibehörde etc.) vor Ort

    • Beibehaltung der Möglichkeit, Asylwerberinnen und Asylwerber mit rechtskräftig negativem Bescheid per Wohnsitzauflage zum Aufenthalt auch in einem Rückkehrverfahrenszentrum zu verpflichten unter Einhaltung des derzeit gültigen Rechtsschutzes

    • Maßnahmen setzen, um das Untertauchen von Asylwerberinnen und Asylwerber mit rechtskräftig negativem Bescheid zu verhindern

    • Einführung fälschungssicherer Ausweise für Asylwerberinnen und Asylwerber, Asylberechtigte und Personen mit rechtskräftiger Rückkehrentscheidung (inklusive Karte für Geduldete); Schaffung einer Rechtsgrundlage und Präzisierung der Möglichkeit der zwangsweisen Abnahme

    • Prüfung der Möglichkeit zum europaweiten Abgleich biometrischer Daten im Asylverfahren zum Ausschluss von strafrechtlich relevanten Taten

  • Die Qualität der erstinstanzlichen Bescheide soll weiter angehoben werden (unter anderem durch Weiterbildung in den Bereichen Herkunftsländerkunde, Umgang mit besonders vulnerablen Gruppen).

  • Stärkung der juristischen Kompetenz in Grundausbildung und Weiterbildung und Schaffung von Supervisionsmöglichkeiten

  • Effektive Qualitätskontrollen durch umfassendes Monitoring und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit relevanten internationalen Organisationen wie IOM und UNHCR

  • Prüfung der Umsetzung des Empfehlungspapiers des Fachzirkels „Polizeiliche Erstbefragung im Asylverfahren“

  • Prüfung der audiovisuellen Aufnahme der gesamten Einvernahme, insbesondere bei besonders vulnerablen Gruppen

  • Spezialmodule bei den Schulungen für Exekutivbeamtinnen und Exekutivbeamten im Bedarfsfall: z.B. Erkennen der Zugehörigkeit von Personen zu vulnerablen Gruppen; Einvernahme; Schlepperkriminalität; Menschenhandel; Polizeiliche Erstbefragung im Asylverfahren; Umgang mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern

  • Dolmetschleistung: Verbesserung der Qualität, Ausbildung und Weiterbildung, Monitoring und Feedback

  • Ausreichendes Kontingent an qualifizierten Dolmetscherinnen Dolmetschern

  • Schaffung von Möglichkeiten für Weiterbildungsmaßnahmen in 1. und 2. Instanz

  • Weiterentwicklung eines qualitätsvollen Grundversorgungssystems unter Wahrung der aktuellen Bund-Länder-Vereinbarung zur Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern und laufender, partner- schaftlicher Bund-Länder-Koordination

  • Stärkung von Initiativen in folgenden Bereichen: Gewaltschutz, Stärkung von Frauen, ehrenamtliches Engagement (z.B. Deutschkurse für den basalen Alltagsgebrauch), Betreuungsbedarf für psychisch erkrankte Menschen

  • Stärkung der freiwilligen Rückkehr und Reintegrationsmaßnahmen

  • Verfassungskonforme Ausdehnung des gesetzlichen Ausschlusses von legaler Migration bei zwangsweiser Außerlandesbringung, strafrechtlicher Verurteilung, wenn die Strafe im Strafregister noch nicht getilgt ist und bei einer Übertretung nach dem AuslBG in den letzten 5 Jahren

  • Konsequente Abschiebung von straffällig gewordenen Drittstaatsangehörigen, denen der Schutzstatus aberkannt wurde

  • Einzelne Fälle in der jüngeren Vergangenheit haben uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass es in unserem derzeitigen Rechtssystem Lücken im Umgang mit gefährlichen Personen gibt.

  • Daher soll ein zusätzlicher, verfassungskonformer Hafttatbestand (Sicherungs-haft zum Schutz der Allgemeinheit) eingeführt werden für Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden, so wie das bereits in 15 europäischen Ländern der Fall ist, beispielsweise in den Niederlanden, Belgien oder Luxemburg.

  • Dabei ist besonders auf eine EMRK- undunionsrechtskonforme Umsetzung zu achten.

Modus zur Lösung von Krisen im Bereich Migration und Asyl

Ergänzend zu den Maßnahmen, die im Regierungsprogramm verankert sind, halten die Koalitionspartner fest, dass Migrationsbewegungen auf Grund internationaler Krisen massiven Schwankungen unterliegen, sodass akuter Handlungsbedarf der Bunderegierung bzw. des Gesetzgebers gegeben sein kann und dadurch besondere Herausforderungen im Bereich Migration und Asyl entstehen können. Die Bundesregierung versucht diesen Herausforderungen gemeinsam und zeitgerecht zu begegnen und proaktiv die erforderlichen Maßnahmen (inkl. gesetzgeberische Maßnahmen) zu setzen. Gelingt dies nicht oder nicht zeitgerecht oder tauchen neue unvorhergesehene Herausforderungen auf, greift folgender Mechanismus.

Dieser ist wie folgt zu verstehen:

  • Bei Gesetzesinitiativen und Verordnungen ist grundsätzlich das Einvernehmen im Rahmen des koalitionären Koordinierungsprozesses herzustellen

  • Wenn dieses nicht hergestellt werden kann, ist der Koordinierungsausschuss zu befassen

  • Wenn im Koordinierungsausschuss kein Einvernehmen hergestellt werden kann, ist ein Gespräch zwischen Kanzler und Vizekanzler zwingend erforderlich.

  • Wenn im Rahmen dieses Gesprächs kein Einvernehmen hergestellt werden kann, so ist jener Koalitionspartner, der die Initiative betreibt, berechtigt dieses Gesetzesvorhaben im Nationalrat als Initiativantrag einzubringen.

  • Es ist zwingend notwendig eine Ausschussbegutachtung für diese Gesetzesinitiative vorzusehen.

  • Wenn dieser Prozess eingehalten wurde, kann im Rahmen des weiteren parlamentarischen Prozesses dem Gesetzesvorhaben zugestimmt werden, auch wenn es ein un- terschiedliches Abstimmungsverhalten der beiden Koalitionspartner gibt.

  • Falls die Krise auf dem Wege der Verordnung im Rahmen des betroffenen Ressorts bewältigt werden kann, gilt dafür der analoge Prozess (Begutachtung mit darauffolgender Kundmachung)